
Der Gutshof von Oberwaltenreith
Walter Scheibenpflug
Das Dorf Oberwaltenreith wurde 1360 erstmals urkundlich erwähnt. Der Name bedeutet so viel wie: eine Rodung, die nach einem Mann mit dem Namen„Walto“ benannt ist.
Bis ins frühe 17. Jahrhundert war Oberwaltenreith ein bedeutendes Dorf, das unmittelbar an der Landstraße zwischen Zwettl und Krems gelegen war. Ein Grundbuch der Herrschaft Lichtenfels nennt 1569 in Oberwaltenreith 30 Häuser. Es wird wohl die Lage an der Hauptstraße dafür verantwortlich gewesen sein, dass Oberwaltenreith bereits zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges so schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die durchziehenden Truppen plünderten und zerstörten dreizehn Bauernhöfe. Die restlichen Häuser wurden dann vermutlich während des Einfalls der Schweden im Jahr 1645 verwüstet, sodass letztlich nur mehr fünf oder sechs mehr oder weniger bewohn- und bewirtschaftbare Bauerngüter übrig blieben.
Vor 1650 legte Josias von Prösing, der damalige Inhaber der Herrschaften Lichtenfels und Rastenberg, einen großen Teil der nun verödeten und verlassenen Grundstücke von Oberwaltenreith zusammen und errichtete dort einen Meierhof und eine Schäferei, die größte in seinem Herrschaftsgebiet. Am 24. April 1914 stürzt auf einem Feld nahe Oberwaltenreith ein Flugzeug ab. Der Berufspilot Raimund Karl Pitschmann war mit seinem Bruder Johann am frühen Morgen mit der zweisitzigen Maschine, einer sogenannten Etrich Taube, in Wien gestartet, um den von der Firma Schicht-Seifen ausgeschriebenen Preis für den ersten Nonstop-Flug Wien-Prag zu gewinnen. Wegen der schlechten Wetterbedingungen – es herrschten Sturm und Eisregen – mussten die Brüder aber mit ihrem offenen Flugzeug über der Stadt Telč in Mähren umkehren. Bei Oberwaltenreith war das Flugzeug nicht mehr in der Luft zu halten und stürzte ab. Der Pilot erlag noch am selben Tag im Zwettler Spital seinen schweren Verletzungen. Sein Bruder überlebte den Absturz.
Nachdem der Meierhof 1925 durch Brand schwer beschädigt worden war, wechselte er mehrmals seinen Besitzer. 1988 erwarb der vom Waldviertelmanagement unter Dipl.-Ing. Adi Kastner initiierte Verein zur Förderung der Sonderkulturen im Waldviertel den bereits sehr desolaten Hof, renovierte ihn und errichtete mehrere neue Hallen. Heute ist der Gutshof von Oberwaltenreith mit der hier ansässigen Firma Waldland ein wirtschaftlich bedeutendes Zentrum für innovative Landwirtschaft, das auch internationale Beachtung findet.