Thema des Monats April 2024

Veröffentlichungsdatum01.04.2024Lesedauer2 Minuten

ein Mann mit SchnurrbartDr. Josef Ursinn, Stadtarchiv Zwettl, Sign. BA 02-Ia-38a. Quelle: Stadtarchiv Zwettl, Sign. 02-39, Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 15. April 1924, Punkt III der Tagesordnung. In der Sitzung vom 15. April 1924 beschloss der Zwettler Gemeinderat, zahlreiche Gegenstände aus dem Nachlass Georg Ritter von Schönerers (1842 - 1921) für das wenige Jahre zuvor gegründetes Museum zu übernehmen. Schönerer hatte viele Bilder und Objekte, die seine politische Tätigkeit betrafen, seinem Freund, dem Nationalratsabgeordneten Dr. Josef Ursinn testamentarisch überlassen.

Josef Ursinn (1863 – 1932) war Nervenarzt in Tulln, wo sein Vater über längere Zeit das Bürgermeisteramt innegehabt hatte. Er war Mitglied der Deutschliberalen Partei und der Schönerer-Bewegung und hatte ab 1887 als Deutschnationaler einen Sitz im Reichsrat inne. Von 1920 bis 1923 war er als Mitglied der Großdeutschen Partei Abgeordneter zum Nationalrat. Er war ein kompromissloser Rassenantisemit und in den 1930er-Jahren illegaler Nationalsozialist.

Ursinn wollte die Erinnerungsstücke an Schönerers politisch Tätigkeit der Stadt Zwettl überlassen, wenn sie hier der Öffentlichkeit zugänglich gemacht würden. Der Zwettler Museumsverein erklärte sich dazu bereit, wenn die Stadt die nötigen Geldmittel zur Verfügung stellen würde, was letztlich auch geschah. So begaben sich am 8. April 1924 Dr. Josef Ursinn, der Biograf Schönerers Eduard Pichl, Bürgermeister Anton Loidl, Vizebürgermeister Josef Traxler und Gemeindesekretär Emerich Schröfl nach Schloß Rosenau, um dort die in Frage kommenden Objekte zu sichten und zu inventarisieren. In weiterer Folge verfasste man einen Schenkungsvertrag, der am 15. April 1924 dem Gemeinderat zur Kenntnis gebracht wurde. „In ernster Würdigung des Wertes der ihr zugekommenen Schenkung gebührenden Dankespflicht“, beschloss der Gemeinderat, einen größeren, würdigen Platz im Gemeindegebiet zur Aufstellung eines Schönerer-Denkmales vorzusehen. Man fasste dafür einen freien Platz an der Bahnhofstraße (Parzelle Nr. 1103) ins Auge. Dieses Vorhaben wurde aber nie verwirklicht. Die Gegenstände aus Schönerers Nachlass wurden ab 1933 in einem eigenen Raum im Stadtmuseum (Landstraße 24, heute Postgebäude) ausgestellt und blieben dort bis zur Schließung des Museums im Jahr 1938.

Im 1992 wieder errichteten Stadtmuseum in Alten Rathaus widmet sich ebenfalls ein Raum der Person Schönerers und seines großteils unheilvollen politischen Wirkens.